Weinlagerung ist mehr als bloß Aufbewahrung. Nichts ist spannender für Weinfans als Weine bei ihrer Reifung zu begleiten. Und Wein lagern lohnt sich für rote wie weiße Weine. Selbst durchschnittliche Weißweine handwerklicher Herkunft gewinnen mit einem halben Jahr Reife, weil sie dabei die manchmal aufdringlichen Gäraromen oder Gummibärchen-Töne sowie Gärkohlensäure zurückfahren und ihre reine unverfälschte Frucht zeigen. Ein guter Rotwein schmeckt in seiner Jugend eine Weile überbordend nach Frucht, was die oft noch ruppigen Tannine wunderbar im Zaum hält und analog funktioniert wie das Spiel von Zucker und Säure im Weißwein. Danach verlieren viele Weine für eine Weile die Harmonie, bevor sie eine neue entwickeln, bei der ein Rest Frucht mit würzigen Tertiär-Aromen und (bei den Roten) weicher gewordenem Tannin ein völlig anderes aber oft noch spektakuläreres Geschmacksbild komponieren. Das kann nach wenigen Jahren Weinlagerung der Fall sein, etwa bei spanischen Gran Reservas, die schon fünf Jahre Reife mitbringen, wenn sie in den Handel kommen und das kann Jahrzehnte dauern, vor allem bei Weinen aus Bordeaux. Für letzteren Fall benötigt Ihr einen geeigneten Keller oder Lagerschrank zur Weinlagerung. Ersterer geht auch in der Mietwohnung, denn Wein ist erheblich robuster, als gemeinhin angenommen.
Ein Jahr Lagerung bei suboptimalen Bedingungen macht kaum einen Wein kaputt. Die größte Zerstörungskraft haben ständige Temperaturschwankungen, da sich der Wein dabei ständig ausdehnt und zusammenzieht, die Druckverhältnisse sich ändern und schnell eine Gasundichtigkeit des Verschlusses auftritt. Der Wein oxidiert und altert im Eiltempo. Ein Regal neben dem Herd ist für Weinlagerung also ungeeignet. Die zweitdestruktivste Wirkung hat Sonnenlicht. Weinlagerung in einer eigentlich kühlen Ecke, über die zwei Stunden am Tag die Sonne streicht, vermeidet Ihr bitte auch. Damit ergibt sich der ideale Aufbewahrungsort von Wein für Menschen ohne Keller fast von selbst: Im Schafzimmer unter dem Bett könnt Ihr prima Wein lagern. Da passen in der Regel 50 Flaschen hin und das dürfte reichen, wenn Ihr einen Vorrat an edlen Weinen anlegt, den Ihr innerhalb von anderthalb Jahren komplett verbrauchen wollt.
Für das Lagern von angebrochenen Flaschen bieten die Gläser- und Zubehörhersteller die unterschiedlichsten Lösungen, von der Vakuumpumpe bis zum Schutzgas. Die Wein-Forschungsanstalt in Geisenheim hat alle gängigen Methoden einem Test unterzogen und festgestellt, es gibt nur ein wirksames Instrument zur Aufbewahrung angebrochener Weinflaschen: einen Kühlschrank. Ob Ihr die Luft aus der Flasche pumpt oder nicht (oder all die anderen Methoden) macht überhaupt keinen Unterschied, solange Ihr angebrochene Flaschen bloß in den Kühlschrank stellt – und zwar auch und erst recht angebrochene Rotweine! Erst nach rund drei Wochen waren in qualifizierten Blindproben Unterschiede zwischen den einzelnen Methoden erkennbar (bei den Flaschen im Kühlschrank), zwischen im Kühlschrank und bei Raumtemperatur gelagerten Weinen jedoch schon nach dem ersten Tag.
Wie lange Ihr eine angebrochene Flasche Wein im Kühlschrank lagern könnt, hängt von vielen Faktoren ab. Faustregel ist: je jünger, desto länger und je süßer, desto länger. Ein junger Rotwein sollte ohne Probleme vier Tage Im Kühlschrank überstehen, ein weißer noch ein paar Tage länger.
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