Syrah oder Shiraz – das ist manchmal eine Frage des Ortes, häufig auch eine des Stils. Gemeint ist aber immer die gleiche Rebsorte, jene Kreuzung aus Dureza und Mondeuse Blanche, die ursprünglich aus dem Rhone-Tal kommt, ihren Namen aber dem Irrglaube verdankt, der Chevalier de Stérimberg habe sie zwölfhundertirgendwas von einem Kreuzzug aus der Gegend der persischen Stadt Schiras ins südfranzösische Rhonetal mitgebracht. In Frankreich heißt die Rebsorte immer Syrah (und ist als la Syrah eine der wenigen grammatikalisch weiblichen Rebsorten). In Australien taucht sie nur als Shiraz auf. In anderen Teilen der Welt nutzen viele Winzer den Namen hingegen als Hinweis: Produzieren sie eher kräftige, mollige Weine, schreiben sie Shiraz auf das Weinetikett, suchen sie nach der Eleganz der Nord-Rhone nennen sie ihren Wein Syrah.
Syrah ist ein spät austreibende Rebsorte, damit unempfindlich gegen Spätfrost. Trotzdem steht sie vor allem in sehr warmen Ecken, denn Syrah ist empfindlich während der Blüte: schon kräftiger Wind und mäßig schlechtes Wetter treiben den Ertrag in den Keller. Und Syrah verträgt Hitze, also ist er die Idealbesetzung für heißes Terroir. Bei der Ernte ist dann Timing gefragt, denn erntet der Winzer zu früh, schmeckt der Wein grün und bitter. Andererseits kann die Rebsorte Zucker ohne Ende in der Traube aggregieren und schnell Weine mit 15 Prozent Alkohol hervorbringen. Wer das Optimum treffen will, muss seinen Lesezeitpunkt sorgfältig wählen. Das ist übrigens kein Allgemeinplatz, denn es gibt Rebsorten, die von Natur aus relativ früh aufhören, Zucker zu aggregieren und bei denen das Timing entsprechend weniger kritisch ist, wenn es nicht durch andere Faktoren wie Fäulnis in den Fokus rückt. Riesling ist dafür ein Beispiel, weswegen die Rieslingernte bei schönem Herbstwetter in Deutschland auch mal entspannte vier Wochen dauern kann.
Shiraz und Syrah findet Ihr in jedem Supermarktregal, denn alleine in Frankreich und Australien stehen über 100.000 Hektar dieser Rebe im Ertrag. Dazu kommen über 80.000 Hektar in Südafrika, Südamerika, Kalifornien, auf der iberischen Halbinsel sowie in allen anderen Ecken der Welt, die heiß und für Weinbau geeignet sind. Bei dieser Menge an produziertem Wein fließt etliches auch in die unteren Preissegmente, wo sie oft eine gute Wahl sind. Und egal in welchem Preissegment Ihr Euch bewegt, es lohnt sich Syrah zu probieren. Wer nicht binnen kürzester Zeit einen Syrah oder Shiraz findet, der ihn glücklich macht, der mag vermutlich gar keinen Rotwein.
Die Stile der Weine sind schnell beschrieben. Shiraz ist sehr fruchtig, körperreich, alkoholstark, mit einer gediegenen Portion Gerbstoff (allerdings nicht so kräftig wie ein typischer Cabernet) und einer milden Säure. Syrah aus gemäßigteren Lagen, wie beispielsweise von der Nord-Rhone, wo es mit Saint Joseph, Cornas oder Hermitage auch AOCs gibt, in denen Syrah die einzig zugelassene rote Rebsorte ist, sind zwar auch vollmundige Weine, zeigen aber mehr Säure, die dem Wein eine andere Struktur verleiht. Ganz stark vereinfacht, geht es bei ersteren um Kraft und bei letzteren um Eleganz.
Vielfach machen Wein-Einsteiger den Fehler den Shiraz aufgrund seiner Wucht für plump zu halten. Das ist ein ganz falsches Urteil. Wenn Ihr Euch mit der Rebsorte beschäftigt, werdet Ihr feststellen, dass viele australische Weine Kraft und Finesse hervorragend in Einklang bringen. Fangt mit einem Überseewein der 10-Euro-Liga an, probiert ihn gemeinsam mit einem einfachen Saint Joseph (gibt es auch in der Preisklasse) und vergleicht. Wenn Ihr dann gehobene Qualitäten sucht, greift Ihr an der Rhone zu einem renommierten Erzeuger wie Chapoutier (das grenzt dann an 20 Euro) und steigert Euch gegebenenfalls bis zu einem Hermitage (zum Beispiel von Guigal für knapp 40 Euro), dem ihr dann einen Weltklasse-Shiraz wie den ‚The Dead Arm‘ von d’Arenberg gegenüberstellt. Mehr Shiraz/Syrah muss vermutlich nicht sein, es sei denn, Ihr wollt unbedingt einen internationalen Kultwein trinken.
Mit weniger als 80 Euro ist der ‚Amon Ra‘ von Ben Glaetzer einer der günstigen Kultweine. Allerdings sind die Rollen beim Syrah und Shiraz eindeutig verteilt. Der Überdrüberwein ist der Grange von Penfolds, interessanterweise eine Cuvée aus ganz Südaustralien, dessen Weinberge teils hunderte Kilometer voneinander entfernt liegen (im Video haben wir die Entfernung etwas zu hoch angesetzt). Er kostet ab 400 Euro und ist ein Wein, der jahrzehntelange Flaschenreife verträgt. Die nächstwichtigen Weine stammen von der Rhone. Es sind die Ermitage ‚Le Meal‘ und ‚L’Ermite‘ von Chapoutier und der Hermitage ’La Chapelle’ von Paul Jaboulet Aine, sowie einige andere Weine dieser Apellation, die wahlweise Ermitage, Hermitage oder L’Hermitage geschrieben werden darf, was die Weinsuche im Internet manchmal kompliziert macht. Auch diese Weine reifen würdig, aber wir bleiben dabei: Syrah oder Shiraz ist die Rebsorte, bei der Ihr eigentlich nicht in die höchste Preisklasse vordringen müsst um richtig grandiosen Rotwein ins Glas zu bekommen.
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