Folge 3: Alles über Sekt

Es gibt kaum eine Weinart, bei der so genau auf dem Etikett drauf steht, was sich in der Flasche befindet, wie Sekt, genauer gesagt Perl- und Schaumweine. In unserer dritten Lektion erfahrt Ihr Hintergründe.
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Sekt und anderer Schaumwein entsteht dadurch, dass der Produzent einen fertigen Wein mit Zucker und Hefen beimpft. Die Hefen vergären den Zucker dann zu Alkohol. Abfallprodukt dieser Gärung ist – wie auch bei der regulären Gärung – das Gas CO2. Dieses darf bei der zweiten Gärung jedoch nicht durch eine Öffnung im Gärbehälter entweichen, sondern bleibt gefangen, wodurch im Gefäß Druck entsteht unter dem sich das Gas als Kohlensäure in der Flüssigkeit löst. Beim Sekt sind die vergorenen Grundweine in der Regel leicht, da die zweite Gärung noch ein gutes Volumenprozent Alkohol zum Wein hinzufügt (bei einigen Schaumweinen sogar noch mehr). Eine Ausnahme von dieser Regel ist der sogenannte Perlwein. Er entsteht dadurch, dass der Produzent einen fertigen Wein mit Kohlensäure versetzt, so, als ob man einen Wein in den Soda Streamer füllt und aufs Knöpfchen drückt.

Perlwein ist entsprechend die niedrigste Qualitätsstufe bei prickelnden Weinen. Auf italienisch heißt er Vino Frizzante. Das meiste, was Euch in leuchtend blauen Flaschen aus dem Discounter-Regal zuwinkt, fällt in diese Kategorie. Perlwein muss auch deutlich weniger Druck auf die Flasche bringen, zwischen einem und zweieinhalb Bar. Sekt und andere Schaumweine kommen mit mindestens 3 Bar Druck in die Flasche (im Video heißt es fälschlicherweise 3,5). Gesetzlich vorgesehen ist auch ein Zwitterprodukt: Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure. Der ist selten. Den ignorieren wir hier. Rosé-Sekt wird meist aus Rosé-Wein gemacht, Rosé-Champagner allerdings häufig aus weißem Wein, dem einige Prozent Rotwein zugesetzt werden. Schaumwein ist die berühmte Ausnahme vom Rot-Weiß-Mischverbot, das in Europa für Stillweine gilt.

Sekt und Secco ist nicht das Gleiche

Die erste Einteilung in Qualitätskategorien ist also Perlwein und Schaumwein. Fast alles, was aus Deutschland kommt und das Wörtchen ‚secco‘ im Namen trägt ist Perlwein und nicht alles davon ist gruselig aber für den Anfang gilt: wir meiden Perlwein. Nicht jeder Schaumwein ist ein Sekt, denn nur ‚Qualitätsschaumwein‘ darf diesen urdeutschen Namen tragen. Das Gesetz verlangt 6 Monate Herstellungszeit für Qualitätsschaumwein. Die eigentliche Produktion von Massenware im Drucktank dauert aber nur rund einen Monat. Also muss der Hersteller entweder noch 5 Monate mit dem Verkauf warten oder auf das begehrte Wörtchen Sekt zu Gunsten des schnöden ‚Schaumwein‘ verzichten. Weil da viel schlechter Stoff dabei ist, nehmen wir uns für die Zukunft vor: wenn wir Bubbles trinken, dann Sekt oder die ausländischen Pendants Cava, Cremant und Spumante.

Beim Sekt achten wir noch auf den Zusatz ‚Sekt b.A.‘ oder wenigstens ‚Deutscher Sekt‘. Hier stammen alle Trauben aus einem Anbaugebiet oder zumindest aus Deutschland und gerade bei Sekt, wo billige Grundweine oft in der ganzen EU zusammengekauft werden, hat diese Aussage Gewicht.

Sekt und Chamapgner

Richtig Spass machen die Prickler aber eigentlich erst ab der dann folgenden Kategorie: Sekt aus Flaschengärung. Hier findet die zweite Gärung direkt in der Flasche statt. Nach dem Befüllen mit dem Zucker-Hefe-Mix (der sogenannten Füll-Dosage) verschließt der Produzent die Flasche mit einem Kronkorken. Nach erfolgreicher Gärung bleibt die Flasche noch einige Zeit liegen. Es finden chemische Prozesse im Sekt statt, die für zusätzliche Komplexität der Aromen und Feinheit der ‚Perlage‘ sorgen. Mit anderen Worten, die Bubbles werden feiner und es prickelt noch aufregender (auch im Bauchnabel). Nach diesem Hefelager wird die Flasche nach unten geneigt in ein sogenanntes Rüttelpult gestellt und mehrmals täglich mit einer leichten Drehung bewegt. Die Hefe sinkt in den Flaschenhals, dieser wird schockgefrostet und der Kronkorken entfernt. Der Hefepfropf schießt aus der Flasche und übrig bleibt eine Flasche knochentrockenen Sektes.

Trocken ist das neue süß

Den fehlenden Teil Flüssigkeit ersetzt der Produzent mit der ‚Versand-Dosage‘, die im Allgemeinen auch nur Dosage genannt wird. Verwendet er für das Auffüllen den gleichen Sekt, bleibt das Ergebnis knochentrocken. Die Bezeichnung dafür variiert: Brut Nature, Zero Dosage oder Dosage Zero, was nicht Null Dosage, sondern Dosage mit Null Zucker bedeuten soll. Üblicherweise verwendet der Produzent zum Auffüllen jedoch einen süßen Wein oder Traubenmost. Das fertige Produkt enthält dann etwas Zucker, was den meisten Geschmäckern entgegenkommt.

Enthält der fertige Sekt weniger als 6 Gramm Zucker pro Liter, darf er Extra Brut heißen, bei weniger als 12 nur Brut. Dem Winzer eröffnen sich hier Freiheitsgerade, da er für einen Sekt mit beispielsweise 2 Gramm Zucker nach belieben Brut Nature, Extra Brut oder Brut auf das Etikett schreiben darf. Die meisten Sekt-Hersteller verwenden aber ersteres bis 3, zweiteres zwischen 3 und 6 und letzteres zwischen 6 und 12 Gramm. Für ‚Extra Trocken‘ muss der Sekt mindestens 12 und maximal 17 Gramm Zucker pro Liter enthalten. Ein Sekt mit der Bezeichnung Trocken enthält zwischen 17 und 32 Gramm Zucker. Mit anderen Worten: stecken in einem Sekt das Äquivalent von 16 Würfeln Zucker pro Liter (oder 12 auf die Flasche), heißt er in Deutschland ‚Trocken‘. Das ist zwar irreführend aber da alle Angaben auf dem Etikett klar definiert sind, herrscht Transparenz.

Winzersekt ist Trumpf

Wartet der Produzent 9 Monate mit dem ‚Degorgieren‘ – das ist das Entfernen des Hefepfropfes – darf der Sekt die begehrte Bezeichnung ‚Traditionelle Flaschengärung‘ (oder ‚Klassisches Verfahren’, ‚Traditionelles Verfahren’ etc.) führen, was früher Champagner-Verfahren hieß, bis der Weinbauverband der Champagne gerichtlich dagegen vorging. Eine kleine Warnung: es gibt ein Schummelprodukt bei der Flaschengärung. Nach dem Transvasierverfahren hergestellte Sekte gären in der Flasche, kommen aber nach 90 Tagen in einen Tank, wo sie weitere viereinhalb Monate lagern, bevor sie gefiltert und gefüllt werden (alles unter Druckatmosphäre). Hier spart sich der Produzent das teure Rüttelverfahren und das merkt man dem Endprodukt an.

Ist der Sektproduzent gleichzeitig Erzeuger der Trauben und des Grundweines nennt sich das Endprodukt ‚Winzersekt‘. Im Ausland gelten ähnliche Regeln, weswegen auch auf Schaumweinen aus Italien, Frankreich oder Spanien Hinweise auf eine ‚traditionelle‘ Methode (in den jeweiligen Landessprachen) auf feinste Flaschengärung deuten. So was wollen wir fortan trinken. Gepflegte Winzersekte könnt Ihr schon für einstellige Euro-Preise ergattern, allerdings nicht im Supermarkt.

Selber machen: 

Bei dieser Folge gibt es wenig nachzumachen. Außer vielleicht unserem Schlussappell zu folgen: Sekt kaufen, Korken knallen lassen und das Leben feiern.

Was trinken wir dazu?

Einen Sekt aus traditioneller Flaschengärung – ob Brut nature oder trocken überlassen wir Euch. Wenn er aus Deutschland stammt, probiert einen guten Riesling Sekt.

Kommentare (8)

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Valeska
21. August 2022 um 17:16
Auch von mir, Kompliment für die Webseite. Ich habe gerade einen italienischen Sekt? vor mir stehen und möchte Anhand des Etikettes eine Qualitätseinordnung vornehmen. Es finden sich keine Schlüsselwörter wie Vino frizzante oder Spumante. Nun stellen sich mir die folgen Fragen: 1. Lässt eine Angabe von "Brut" oder einer anderen Angabe des Zuckergehaltes immer auf einen Sekt schließen oder kann sich dahinter auch ein Perlwein verbergen? 2. Nach der Angabe des Zuckergehaltes findet sich auf dem Etikett noch der Zusatz "VSQ". Es scheint eine italienische Kennzeichnung zu sein, aber was genau bedeutet sie? Ich bin schon gespannt auf Lektion 4 :-) Lieben Dank!
Felix
24. August 2022 um 14:03
Das S in VSQ steht für Spumante (Vino Spumante di Qualità). Wenn da irgendwo Metodo Classico o.ä. steht, heißt das Flaschenvergoren. In Italien gibt es keine herkunftsunabhängige Qualitätsabstufung. Was gut ist, erkennt man an der Herkunft. Die bekanntesten für Bubbles sind Franciacorta, Lambrusco, Trento und Oltrepo Pavese.
Heike Preuss
07. Juni 2019 um 04:27
Lieber Reiner.,du verwechselst sehr viel leider,im ganzen geht es nicht um Geld ,auch wenn du recht haben solltest,dies ist egal,es geht um ganz andere schöne Dinge ,aber dies darf jeder selber herausfinden l.g.h.schöne grüsse an Berlin und euch beide heike
Heike Preuss
25. März 2018 um 19:52
Hallo Anja.super tolle Frau,sind Sie für mich.Bitte machen sie so weiter,das Spiel,zwischen akoratt und locker,ist eine Kunst für mich,sowie na ja diesen Mittelweg heraus zu kitzeln,super wirklich,sowie erreicht Ihr beide mich echt gewaltig,ich bin sehr glücklich euch gefunden zu haben.Dankeschön Heike.ihr erinnert mich an meinen Klassen Lehrer,super netter Mann,mein wissen steigt langsam wieder,aber mehr nicht davon,Tschau,und ihr seid für mich Ansporn nie aufzugeben,Danke nochmal,Smaily,
Reiner
11. Dezember 2016 um 12:12
Sekt ist vor allem dann ein Schummelprodukt, wenn der Grundwein nicht auf dem Etikett ausgewiesen wird. (Rotkäppchen,Söhnlein, Henkel, Faber und einige andere). Es werden biilligste Grundweine EU-weit zusammengekauft, und wenn man dabei die Sektsteuer, Flasche, Verschluß, , Logistik und Handelsspannen herausrechnet, verbleibt noch ein EK-Preis des Grundweines von 7 Cent p.Ltr. Je mehr Lyrik das Etikett ausweist, desto eifacher in aller Regel der Grundwein. Jede Bonbon-Packung, jede Margarineschachtel muß sämliche Inhaltsstoffe auf der Verpackung aufweisen, wogegen Sekt sich mit blumigen Beschreibungen begnügen kann. Auch Gärungen im 50.000 Ltr. Tank werden mit Kohlensäure unter Druck abgefüllt und sind nicht anderes als Perlwein. Der Gesetzgeber kassiert dafür seine Sektsteuer und keiner fragt danach.
Felix
11. Dezember 2016 um 12:43
Sekt (und Wein) ist halt ein Genussmittel und kein Lebensmittel, daher die geringeren Deklarationspflichten.
Ralph Grothkopp
17. Oktober 2015 um 18:34
Mein Kompliment Selten eine solche informative Webseite gelesen.
Felix
19. Oktober 2015 um 15:48
Danke schön ;-)
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