Macht Wein dick? Das ist eine einfache Frage, die eine einfache Antwort verdient und die lautet: Nein! Doch bemüht man das Internet oder Ratgeberlektüre (von Apothekenumschau bis zum Lifestyle-Magazin) dann findet man als Antwort meistens das Gegenteil: die Warnung, dass Wein dick mache.
Es ist die Dosis, die bekanntlich das Gift macht und diese Dosis in Grenzen zu halten, haben sich viele auf die Fahne geschrieben. Allerdings geht es um die Dosis Alkohol, nicht um Kalorien. Wenn man den Menschen nicht mit ihrem Gesundheitsbewusstsein beikommt, dann vielleicht mit der Eitelkeit? Also heißt es allenthalben, Wein mache dick, damit die Selbstreglementierung zugunsten der Strand-Figur durch die Hintertür auch zu moderatem Alkoholkonsum führt. Doch wir meinen: auch eine Lüge im Dienste einer guten Sache bleibt eine Lüge. Wein macht nicht dick, solange Ihr eine Menge Wein trinkt, die auch Eurer Leber nicht schadet. Die recht strengen Vorgaben der Weltgesundheitsorganisationen geben an, dass es für Frauen ungefährlich ist täglich 0,2 Liter Wein zu trinken, für Männer gelten 0,3 Liter als ungefährlich. Da Wein ungefähr 700 Kalorien pro Liter hat, entspricht das der Kalorienmenge eines handelsüblichen Erdbeerjogurts (Frauen) oder zweier kleiner Äpfel (Männer, Äpfel wiegen zwischen 150 und 250 Gramm und haben durchschnittlich 51 Kalorien pro 100 Gramm). Das im Hinterkopf stelle man sich noch einmal die Frage: Macht Wein dick? Wohl kaum.
Die Debatte um Diäten und Ernährung konzentriert sich immer häufiger auf eine Unterscheidung von guten und schlechten Kalorien und zusätzlichen Stoffwechsel-Aspekten einzelner Substanzen. Die sind meist wissenschaftlich umstritten. Der glykämische Index, ein Maß für die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel, gehört zu diesen umstrittenenen Maßeinheiten und der glykämische Index von Alkohol ist hoch. Wir halten uns aus der Debatte um den glykämischen Index raus und fügen lediglich an, dass wahre Weingeniesser zu jedem Wein auch Wasser trinken (am besten die doppelte Menge) und dass diese Maßnahme gemeinhin als der Figur zuträglich gilt.
Die Bestimmung der gesundheitlich unbedenklichen Menge Alkohols ist eine lokal sehr unterschiedlich gehandhabte Disziplin. In Teilen Spaniens gilt es als unbedenklich, wenn Männer jeden Abend eine Flasche Wein trinken. Bei dieser Menge reden wir über eine Kalorienzufuhr, die langfristig definitiv dick macht. Wir halten das aber auch für einen gewagten Grenzwert. Die meisten Studien stützen diese hohe Menge nicht, ebenso wenig die These, dass vollständiger Verzicht am besten wäre. Kein Alkohol ist definitiv nicht gesünder als das berühmte Gläschen in Ehren.
Lediglich süßer Wein ist ein Dickmacher. Bei ihm nehmt Ihr neben den Kalorien des Alkohols auch die des Zuckers auf. Süßer Wein hat zwar nur geringfügig mehr Kalorien als trockener Wein, denn bei süßem Wein ist ein Teil des Zuckers des Ausgangsmostes nicht zu Alkohol vergoren. Dabei gilt, dass 2 Gramm Zucker zu knapp einem Gramm Alkohol vergären, welcher fast doppelt so viel Kalorien hat wie Zucker. Ein bisschen Energie geht bei der Gärung für Wärme und als CO2 aus dem Wein, aber Pi mal Daumen ist das vernachlässigbar. Wer am Abend dann aber ein Glas mehr vom süßen Wein trinkt, weil der ja weniger Alkohol hat, der nähert sich einer Kalorienmenge, die sich langfristig auf den Hüften bemerkbar macht. Dann – und nur dann – macht Wein dick.
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