Inhaltstoffe von Wein sind ein heikles Thema, denn wenn man Winzer fragt, dann werden diese in aller Regel erklären, dass ihr Wein ein vollkommen natürliches Produkt ist. Häufig stimmt das auch, denn die meisten bei der Weinbereitung eingesetzten Mittelchen sind im fertigen Wein nicht mehr nachweisbar. Entweder der Winzer filtert sie vor der Füllung des Weines wieder heraus oder sie verbrauchen sich im Entstehungsprozess. Es wird aber auch viel geschummelt bei der Frage nach den Inhaltsstoffen von Wein.
Ein gutes Beispiel für Zusätze, die sich verbrauchen, sind Hefenährsalze. Vielfach impft der Winzer seinen Most während der Gärung damit. Auf Weinhefen wirken diese dann wie Dünger, regen ihre Tätigkeit an und stellen sicher, dass der Most zu einem wirklich trockenen Wein durchgärt. Dabei verbrauchen die Hefen diese Nährsalze vollständig oder Rückstände bleiben vor der Füllung im Filter hängen. Alle Zusätze, die nur während der Entstehung zum Einsatz kommen oder bei der Filtration wieder aus dem Wein verschwinden, gelten als technische Hilfsmittel und müssen daher nicht aufs Etikett – und das, obwohl sie teils massiven Einfluss auf den Weinstil und die Weinqualität haben. Einige Enzyme bewirken zum Beispiel, dass sich ein Teil des Fruchtfleisches verflüssigt, die Mostausbeute aus den Trauben also größer ausfällt, was auch zu Lasten der Qualität gehen kann. Auf Enzyme zu schimpfen und zu betonen, dass man auf diese verzichtet, ist derzeit groß in Mode bei Qualitätserzeugern. Ob da alle die Wahrheit sprechen, weiß man nicht, denn auch Enzyme landen im Idealfall im Filter, sind im fertigen Wein nicht mehr enthalten und gelten also als technische Hilfsstoffe, nicht als Inhaltsstoffe von Wein. Aufs Etikett gehört der zugesetzte Schwefel (über den wir schon mehrfach gesprochen haben, zum Beispiel in Folge 2 und in Folge 14).
Einige Zusätze dienen zur Schönung des Weines. Der Winzer setzt sie zu, sie reagieren mit einem Inhaltsstoff von Wein, binden diesen und fällen dann aus. Bei der Filtration bleiben Sie im Filter hängen. Bekanntestes Beispiel für einen solchen Vorgang ist die Bentonit-Schönung. Wein enthält Eiweiß und wenn das nicht thermostabil ist, bildet es hässliche Schlieren im Wein (was als Fehler gilt). Also schüttet der Winzer Bentonit hinein – das ist ein Gestein. Nach einer Weile bindet dieses das Eiweiß und der Fehler ist behoben. Bei der Filtration entnimmt der Produzent das Bentonit dann wieder. Kommen Kasein oder Ovalbumin zum Einsatz, muss der Produzent dies aufs Etikett schreiben, da schon winzige Rückstände davon Allergikern Probleme bereiten.
Anders sieht es bei Tannin und Säure aus, diese darf der Winzer zusetzen und im Wein belassen. Säure und Tannin sind aber auch natürliche Inhaltsstoffe von Wein. Der Produzent muss sie daher auch nicht auf dem Etikett deklarieren. Ob Säure und Tannin eines Weines ausschließlich aus der Traube oder auch aus dem Vorrat des Kellermeisters stammen, erfahrt Ihr also nur, wenn Ihr den Produzenten fragt. Allerdings sind in diesem Fall die zugesetzten von den natürlichen Inhaltsstoffen des Weines nicht zu unterscheiden, die Frage also eher unwichtig.
Einige Schönungsmittel sind tierischen Ursprungs, allen voran die Hausenblase, die Schwimmblase des Störs (die heute durch unter gleichem Namen angebotene Schwimmblasen anderer Fische ersetzt wird, da der Stör weitgehend unter Artenschutz steht). Mit Hausenblase kann der Winzer Trubstoffe aus dem Wein filtern. Also muss der Vegetarier den Winzer fragen, ob Hausenblase zum Einsatz kam. Bei Eiweißprodukten findet der Vegetarier ja mittlerweile den Hinweis auf Kasein oder Albumin auf dem Etikett. Was die wenigsten Vegetarier wissen: Auch Bierbrauer verwenden Hausenblase, Bei Guiness kommt sie immer zum Einsatz, bei vielen anderen Marken sporadisch. Für Veganer ändern sich die Zeiten hingegen zum Schlechten: Kreislaufwirtschaft ist ein großer Trend im Weinbau: insbesondere Spitzenwinzer stellen ihre Betriebe in Scharen auf biodynamische Wirtschaftsweise um und schaffen sich Vieh an, um ihre Weinberge mit Stallmist aus eigener Tierhaltung zu düngen. Dazu geht eine beachtliche Zahl von Winzern dazu über, die besten Parzellen ihrer Weinberge nicht mehr mit Traktoren, sondern wieder mit Pferden zu bearbeiten um die Bodenverdichtung zu minimieren. Das steht manchmal sogar auf dem Etikett, vom Winzer freiwillig deklariert – voller Stolz.
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