Wie lange hält sich geöffneter Wein?

Am Wochenende oder zu einem opulenten Abendessen gehört eine Flasche guten Weines einfach dazu. Doch was tun, wenn der edle Tropfen nicht vollständig geleert wird?

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Krampfhaft austrinken oder in den Ausguss entsorgen müssen Weinfreunde ihn in keinem Fall. Sowohl Rotwein als auch Weißwein lassen sich auch dem Öffnen noch lagern. Wie lange das funktioniert und was dabei zu beachten ist, erfahren langsame Weingenießer hier.

Wo sollte geöffneter Wein gelagert werden?

Rotwein

Eine einmal geöffnete Weinflasche kann trotzdem noch für eine gewisse Zeit genießbar sein – doch sollte sie gelagert werden?
Abbildung: @ Donations_are_appreciated (CC0-Lizenz) / pixabay.com

Dass geöffneter Wein sich geschmacklich verändert, liegt an den Oxidationsprozessen zwischen Getränk und Luftsauerstoff. Diese chemische Reaktion ist nicht immer unerwünscht: Barrique-Fässer aus Eichenholz, in denen Rotwein reift, sind beispielsweise begrenzt luftdurchlässig und tragen damit zum charakteristischen Bukett des Rebensaftes bei. Nach dem Öffnen einer Flasche führt eine gesteigerte Oxidation allerdings in den meisten Fällen zum Verlust der charakteristischen Fruchtnoten und floralen Nuancen – der Wein schmeckt schal und flach. Je nachdem, wie und wo der geöffnete Wein gelagert wird, beschleunigt oder bremst dies die geschmackliche Veränderung:

Wein stets luftdicht verschlossen lagern

Selbst wenn der Korken beim Öffnen abhandengekommen oder zerbrochen ist Weinflaschen sollten nie unverschlossen stehen bleiben. Statt sie wieder mit dem alten Verschuss zu verkorken, nutzen Weinliebhaber gern spezielle Wiederverschlüsse. Kegel aus Edelstahl mit aufgesetzten Gummiringen oder Korkelementen passen sich dabei dem Durchmesser jedes Flaschenhalses an. Beliebt sind ebenfalls Verschlüsse mit Druckknopf oder Kipp-Mechanik. Ziel aller Modelle ist es, das Eindringen von Luft in die geöffnete Flasche zu verhindern und damit die Oxidationsprozesse in Grenzen zu halten.

Kaltstellen

Geöffneter Wein – auch ein roter – gehört unbedingt in den Kühlschrank. Temperaturen zwischen 3 und 7 Grad verzögern die  Oxidationsreaktionen deutlich. Unter Berücksichtigung der Temperaturzonen eines handelsüblichen Kühlschrankes, bietet der mittlere Bereich bzw. der zweite Trennboden von unten, auf dem häufig Milchprodukte lagern, mit ca. 4 bis 5 Grad die ideale Temperatur. Zu kalt ist es mit 0 bis 2 Grad auf der Glasplatte über dem Gemüsefach, welche gleichzeitig die kälteste Kühlfläche im Kühlschrank darstellt.In der Kühlschranktür mit 9 Grad häufig zu warme Verhältnisse für die Weinlagerung herrschen.

Aufrecht lagern

Wer seinen Wein in der Mitte des Kühlschrankes aufbewahrt, sollte für ausreichend Platz zwischen den Trennböden sorgen, damit die Flasche aufrecht stehen kann. In dieser Position bietet das Getränk die geringste Oberfläche für einen Luftkontakt. Innerhalb einer liegenden Flasche ist dagegen eine weit größere Fläche des Getränkes direkt dem Luftsauerstoff ausgesetzt, sodass der Geschmacksverlust schneller fortschreitet.

Umfüllen

Um den Kontakt von Wein und Luft zu minimieren, füllen Weinliebhaber die angebrochene Flasche zum Lagern in ein kleineres Gefäß um. Ideal sind kleine Glasflaschen, die im Gegensatz zu PET-Flaschen im Wein nicht zu geschmacklichen Veränderungen führen. Beim Umfüllen schützt ein Trichter mit einem Schlauch, der bis auf den Gefäßboden reicht, den Wein vor zu viel Luftkontakt.

Wie lange hält er sich dort?

Wie lange nach dem Öffnen gelagerter Wein noch genießbar bleibt, hängt in erster Linie von der Luftzufuhr und der Außentemperatur ab. Darüber hinaus erweisen sich junge Weine beim Lagern als wesentlich geschmacksstabiler als ältere Tropfen. Schlussendlich existieren Unterschiede in der Haltbarkeit, die von Weinsorte und -menge abhängen:

Rotwein behält länger das Aroma

Als Daumenregel gilt: Angebrochener Rotwein lässt sich 2 bis 7 Tage lagern, während Weißwein nur 1 bis 5 Tage nach dem Öffnen genießbar bleibt. Rosé sollte innerhalb von 2 bis 6 Tagen nach dem Entkorken getrunken werden. Der Charakter eines Weines bestimmt dabei sein Potenzial zur Lagerung mit. Während ein Cabernet Sauvignon, der relativ viel Säure und einen hohen Gehalt an Gerbstoffen (Tanninen) enthält, länger sein Aroma behält, werden säure- und tanninarme Weine schneller ungenießbar.

Volle Flaschen verlieren weniger Geschmack

Je mehr Wein in der Flasche zurückbleibt, desto weniger Luft befindet sich im Gefäß, die den Oxidationsprozess befördert. Folglich besitzt eine zu drei Vierteln volle Flasche Rotwein mit bis zu einer Woche das größte Frischhalte-Potenzial. Experten geben für unterschiedliche Weinsorten und -mengen diese Haltbarkeitszeiten an:

Restmenge

Weißwein

Roséwein

Rotwein

1 Glas

1 Tag

1-2 Tage

2 Tage

½ Flasche

2-3 Tage

3 Tage

4-5 Tage

¾ Flasche

3-5 Tage

4-6 Tage

1 Woche

Tipp: Im Kühlschrank gelagerter Rotwein sollte vor dem Genuss unbedingt rechtzeitig aus der Kühlung genommen werden, damit er die optimale Trinktemperatur von 14 bis 18 Grad erreichen kann.

Weitere Tipps

Passionierte Weintrinker nehmen gern professionelles Equipment zur Hilfe, wenn ein edler Tropfen nicht am ersten Abend geleert wird:

Vakuumpumpe

Die Pumpe wird auf den Flaschenhals aufgesetzt und entzieht ihrem Inhalt durch Pumpen die Luft. Wo sich kein Sauerstoff befindet, sollen folglich auch die Oxidationsprozesse signifikant verlangsamt werden. Passend zu der Pumpe sind mehrere Gummistopfen erhältlich, die nach der Vakuumbildung verhindern, dass Luft in die Flasche zurückdrängt.

Schutzgas

angebrochenen Wein aufbewahren

Während beim Trinken eigentlich nur Weißwein und Rosé gekühlt werden, sollte die Lagerung einer offenen Flasche über längere Zeit fast immer an kühlen Orten erfolgen.
Abbildung: @ Didgeman (CC0-Lizenz) / pixabay.com

Bei diesem Verfahren strömt aus einer aufgesetzten Patrone Schutzgas in die angebrochene Flasche und verdrängt die enthaltene Luft. Meist handelt es sich dabei um das Edelgas Argon. Es ist selbst farb-, geruch- und geschmacklos, sodass es das Aroma des Weines nicht beeinflusst. Da Argon schwerer als Luft ist, legt es sich wie eine Isolationsschicht über die Weinoberfläche in der angebrochenen Flasche. Aufgrund seiner vorteilhaften Eigenschaften nutzen auch Winzer Argon häufig zum Konservieren ihrer Produkte.

Gezielte Oxidation beim Dekantieren

Oxidationsprozesse schaden dem Weingenuss nicht immer – manchmal setzt man sie gezielt dafür ein, das Aroma des Rebensafts zu verbessern. Hinter der Empfehlung, Rotwein vor dem Trinken zu dekantieren, steht die Erkenntnis, das enthaltene Säuren, Ester und Kohlenwasserstoffverbindungen dabei mit Sauerstoff reagieren und den Wein im Geschmack heben. Dieser Vorgang, der bei Fachleuten eigentlich „Karaffieren“ heißt, ist vor allem bei jungen Rotweinen sinnvoll. Je älter der Wein ist, desto größer ist die Gefahr, dass er durch Luftkontakt geschmacklichen Schaden nimmt.

Fazit

Vakuum, Schutzgas und Spezialgefäße stehen bei Weinkennern hoch im Kurs – doch laut Studien des Zentrums für Weinforschung an der Hochschule Geisenheim ist das Kühlen die einzig wirksame Methode zum Frischhalten von Wein. Schiebt man das Austrinken dennoch über Tage hinaus auf, ist der Wein wahrscheinlich so schlecht, dass er ohnehin in den Ausguss gehört.

Kommentare (2)

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Marc
15. Februar 2022 um 09:26
Super Artikel! Leider kann ich die oben genannte Studie aus Geisenheim nicht finden. Ich wäre sehr dankbar, wenn mir jemand mit einem Titel/Link etc. weiterhelfen könnte :)
Felix
15. Februar 2022 um 12:08
Die stammt tatsächlich aus Vor-Internet-Zeiten oder zumindest aus solchen, als die Dinge nicht dauerhaft veröffentlicht wurden. Als ich diese Geschichte online gestellt habe (ist ja auch schon sechs Jahre her) gab es schon keinen Link mehr dazu. Solche ‚kleine Spielereien‘ sind häufig auch nur Diplomarbeiten (oder heute Bachelor Thesís) und werden nicht zwangsweise in Zeitschriften publiziert.
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