Am Wochenende oder zu einem opulenten Abendessen gehört eine Flasche guten Weines einfach dazu. Doch was tun, wenn der edle Tropfen nicht vollständig geleert wird?
Krampfhaft austrinken oder in den Ausguss entsorgen müssen Weinfreunde ihn in keinem Fall. Sowohl Rotwein als auch Weißwein lassen sich auch dem Öffnen noch lagern. Wie lange das funktioniert und was dabei zu beachten ist, erfahren langsame Weingenießer hier.
Dass geöffneter Wein sich geschmacklich verändert, liegt an den Oxidationsprozessen zwischen Getränk und Luftsauerstoff. Diese chemische Reaktion ist nicht immer unerwünscht: Barrique-Fässer aus Eichenholz, in denen Rotwein reift, sind beispielsweise begrenzt luftdurchlässig und tragen damit zum charakteristischen Bukett des Rebensaftes bei. Nach dem Öffnen einer Flasche führt eine gesteigerte Oxidation allerdings in den meisten Fällen zum Verlust der charakteristischen Fruchtnoten und floralen Nuancen – der Wein schmeckt schal und flach. Je nachdem, wie und wo der geöffnete Wein gelagert wird, beschleunigt oder bremst dies die geschmackliche Veränderung:
Wie lange nach dem Öffnen gelagerter Wein noch genießbar bleibt, hängt in erster Linie von der Luftzufuhr und der Außentemperatur ab. Darüber hinaus erweisen sich junge Weine beim Lagern als wesentlich geschmacksstabiler als ältere Tropfen. Schlussendlich existieren Unterschiede in der Haltbarkeit, die von Weinsorte und -menge abhängen:
Als Daumenregel gilt: Angebrochener Rotwein lässt sich 2 bis 7 Tage lagern, während Weißwein nur 1 bis 5 Tage nach dem Öffnen genießbar bleibt. Rosé sollte innerhalb von 2 bis 6 Tagen nach dem Entkorken getrunken werden. Der Charakter eines Weines bestimmt dabei sein Potenzial zur Lagerung mit. Während ein Cabernet Sauvignon, der relativ viel Säure und einen hohen Gehalt an Gerbstoffen (Tanninen) enthält, länger sein Aroma behält, werden säure- und tanninarme Weine schneller ungenießbar.
Je mehr Wein in der Flasche zurückbleibt, desto weniger Luft befindet sich im Gefäß, die den Oxidationsprozess befördert. Folglich besitzt eine zu drei Vierteln volle Flasche Rotwein mit bis zu einer Woche das größte Frischhalte-Potenzial. Experten geben für unterschiedliche Weinsorten und -mengen diese Haltbarkeitszeiten an:
Restmenge |
Weißwein |
Roséwein |
Rotwein |
1 Glas |
1 Tag |
1-2 Tage |
2 Tage |
½ Flasche |
2-3 Tage |
3 Tage |
4-5 Tage |
¾ Flasche |
3-5 Tage |
4-6 Tage |
1 Woche |
Tipp: Im Kühlschrank gelagerter Rotwein sollte vor dem Genuss unbedingt rechtzeitig aus der Kühlung genommen werden, damit er die optimale Trinktemperatur von 14 bis 18 Grad erreichen kann.
Passionierte Weintrinker nehmen gern professionelles Equipment zur Hilfe, wenn ein edler Tropfen nicht am ersten Abend geleert wird:
Bei diesem Verfahren strömt aus einer aufgesetzten Patrone Schutzgas in die angebrochene Flasche und verdrängt die enthaltene Luft. Meist handelt es sich dabei um das Edelgas Argon. Es ist selbst farb-, geruch- und geschmacklos, sodass es das Aroma des Weines nicht beeinflusst. Da Argon schwerer als Luft ist, legt es sich wie eine Isolationsschicht über die Weinoberfläche in der angebrochenen Flasche. Aufgrund seiner vorteilhaften Eigenschaften nutzen auch Winzer Argon häufig zum Konservieren ihrer Produkte.
Oxidationsprozesse schaden dem Weingenuss nicht immer – manchmal setzt man sie gezielt dafür ein, das Aroma des Rebensafts zu verbessern. Hinter der Empfehlung, Rotwein vor dem Trinken zu dekantieren, steht die Erkenntnis, das enthaltene Säuren, Ester und Kohlenwasserstoffverbindungen dabei mit Sauerstoff reagieren und den Wein im Geschmack heben. Dieser Vorgang, der bei Fachleuten eigentlich „Karaffieren“ heißt, ist vor allem bei jungen Rotweinen sinnvoll. Je älter der Wein ist, desto größer ist die Gefahr, dass er durch Luftkontakt geschmacklichen Schaden nimmt.
Vakuum, Schutzgas und Spezialgefäße stehen bei Weinkennern hoch im Kurs – doch laut Studien des Zentrums für Weinforschung an der Hochschule Geisenheim ist das Kühlen die einzig wirksame Methode zum Frischhalten von Wein. Schiebt man das Austrinken dennoch über Tage hinaus auf, ist der Wein wahrscheinlich so schlecht, dass er ohnehin in den Ausguss gehört.
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